Solid Ground: Dancing With The Daffodils

Warum in dieser Rubrik auch mal eine nicht ausgesprochen "reine" Folk-CD besprochen werden soll, hat zwei Gründe: Zum einen hat mich Simone Papke, die Sängerin von "Solid Ground", sehr nett angeschrieben, ob ich nicht ihre neue CD besprechen wolle. Und zum anderen soll es ja auch Leute geben, die sich nicht ausschließlich für das interessieren, was man gemeinhin als traditionelle Folkmusik bezeichnet.
"Solid Ground" führt im Untertitel die Worte "Celtic Folk Pop Rock", besteht aus sieben Musiker(inne)n und kommt aus dem Großraum Würzburg. Einem größeren Publikum sind sie vor allem bekannt geworden durch den Song "The Flood" zugunsten des Würzburger Tsunami-Fluthilfe-Projektes "Den Fischern eine Zukunft", der für den Deutschen Rock und Pop Preis nominiert war und die CD als Bonustrack schmückt. 2 € vom Verkaufspreis der CD fließen in ein Tsunami-Waisenhaus der südindischen Stadt Nagapattinam.
Doch nun zur Musik: Obwohl das Instrumentarium der Gruppe auch aus der Folk-Ecke kommt (Gitarre, Geige, Drehleier, Flöten, Bodhran und Dudelsack) und sie zudem Folk-Material präsentiert, liegt der Schwerpunkt ihrer Musik doch eher auf der Pop- und Rock-Schiene. Während Schlagzeug (Norbert Papke) und Bass (Ludwig Emmerling) vor allem die rockigen Elemente beisteuern, liefern Piano und Synthesizer, gespielt von Thomas Zenglein, das poppige Gepräge. Multiinstrumentalistin Christel West und Fiddler Christian Hartung setzen zuweilen folkige Akzente, sind aber zumeist in das Pop-Rock-Gewand eingebunden. Dem Gitarristen Uwe Dillenz hört man an (leider nur) wenigen Stellen seine Jazz-Wurzeln an, und über allem schwebt die sehr klare und eingängige Stimme von Simone Papke.
Mein Favourite der CD ist "A Dominique", ein Traditional, das mich sehr stark und spontan an "Tri Yann" erinnert hat (da geht wohl doch der Folk-Rocker mit mir durch). Eine einfache Ohrwurm-Melodie, vom Dudelsack in ruhig dahinfließenden Schleifen präsentiert, mit der Drehleier dezent rhythmisiert, mit ätherischem Gesang liebevoll ornamentiert, von Bass und Schlagzeug getrieben, vom Piano angenehm zurückhaltend paraphrasiert und von leicht verzerrten Gitarre-Akkorden seziert, in sich stimmig und nie langweilig werdend – besser können’s die "drei Hansels" aus der Bretagne auch nicht.
Gleich darauf folgt auf der CD mit "Lowlands Of Holland" ein traditioneller Klassiker, an dem sich schon die weibliche Gesangselite Irlands versucht hat. Und Simone Papke macht da im Vergleich keine schlechte Figur, die fast lässige Piano-Begleitung lässt ihre Stimme immer im Vordergrund.
Ein weiterer Höhepunkt der CD ist für mich Gerry O’Beirne’s "Western Highway", ein recht einfaches Liedchen, dem die kongenial ruhig gezupfte Gitarre nur gut tut.
Mitunter wirken die Arrangements etwas verstörend, so zum Beispiel, wenn des musikalische Resümee des Osteraufstands "Foggy Dew" nach ruhigem Beginn plötzlich in einen poppigen Raggae-Rhythmus wechselt. Der instrumental-fetzige Ausklang führt den Hörer dann wieder musikalisch an den Ort des Geschehens zurück.
Ein weiteres Stück, das mich doch etwas überrascht hat, war die instrumentale Würdigung der Privatarmee des Blair of Atholl, "Atholl Highlander". Zum einen wird die musikalische Thematik nicht durch den Dudelsack präsentiert (wie man es bei Vorhandensein eines solchen Instruments durchaus erwarten könnte, da so oft schon gehört), sondern die Geige übernimmt das Leitmotiv. Bass und Schlagzeug geben dem Stück zudem einen Drive, der die schottischen Soldaten höchstwahrscheinlich doch etwas überfordern würde. Zum andern hat man dem Ganzen einen Zwischenteil spendiert, der nach elegischem Beginn in ein Gitarrenfurioso kulminiert, das mich unwillkürlich an die guten alten „Deep Purple“ erinnert hat, um schließlich wieder in das musikalische Leitmotiv hinüberzugleiten.
Der Titelsong "Dancing With The Daffodils" beinhaltet einen Text des englischen Romantikers William Wordsworth, zu dem "Solid Ground" die Musik geschrieben haben. Sie haben versucht, der romantischen Grundstimmung der Wörter musikalisch gerecht zu werden, was mir – doch das ist mein rein persönlich-subjektives Empfinden – etwas zu "gefällig" geraten ist. So wirkt der instrumentale Einschub vor der Refrain-Wiederholung merkwürdig fremd und findet so keine richtige Bindung in das Gesamtstück.
Die CD findet ihren Abschluss mit einem Folk-Traditional, „Dedrabag“, in dem die Musiker ihrer Spielfreude die Sporen geben dürfen. Diese – aufgrund der Studiodisziplin – etwas schaumgebremste Version macht Lust darauf, „Solid Ground“ einmal live zu erleben.
Die 13 Tracks und der Bonustrack der CD "Dancing With The Daffodils" legen Zeugnis ab von den außerordentlichen musikalischen Fähigkeiten der Gruppe. Und das ist umso erstaunlicher, da die sieben Musiker erst seit 2003 in dieser Besetzung zusammenspielen. Die CD ist hervorragend abgemischt und kann all jenen rückhaltlos empfohlen werden, die traditionelle Musik gerne in einer poppigen Gewandung hören. Doch auch der ein oder die andere Folk-Trad-Purist(in) (was auch immer man darunter verstehen mag) sollte ab und zu mal einen Blick über den Tellerrand der eigenen Hörgewohnheiten wagen. Und da ist "Solid Ground" sicherlich nicht die schlechteste Wahl.

Solid Ground: Dancing With The Daffodils. FolkupMusic (Curzweyhl/Roughtrade Distribution), 2006
(zu beziehen bundesweit im Handel oder über: www.solid-ground.de)