Es gibt so viele Klischees über die Insel im Westen Europas, dass man
sich fragt, wie sie das alles aushält: Irland. Ein Mythos ist das Verhältnis
der Menschen zur Natur. Allerdings haben die Iren offenbar so viel davon, dass
sie oft leichtfertig damit umgehen. Alte Autowracks auf grünen Wiesen oder
Müllberge an weißen Stränden zeugen von diesem Unverständnis.
Unabhängig davon haben sich kluge Menschen vor allem in Irland schon immer
tiefschürfende Gedanken zum Thema Mensch und Natur gemacht. Einer davon
ist der Dichter und Philosoph John O'Donohue. Er hat in Tübingen philosophische
Theologie studiert und lebt heute wieder im Westen Irlands, dort, wo Irland
am Ursprünglichsten sein soll.
Mit dem Titel "Landschaft der Seele" (es könnte auch umgekehrt
heißen) ist jetzt bei dtv ein Band mit einer Auswahl von Sentenzen aus
dem Werk O'Donohues erschienen. Illustriert wird der Band durch die schwarz-weiß
Fotos des Fotografen Fergus Bourke.
Sagen wir es gleich: die Texte sind von höchst unterschiedlicher Qualität.
Nehmen wir zum Beispiel den Satz: "Jedes menschliche Herz ist von Sehnsucht
erfüllt". Das haben wir doch schon öfter gehört, es klingt
banal und nichtssagend. Wenn wir dann noch lesen, dass wir "in der allumfassenden
Umarmung der Erde" leben und handeln, erklärt das nur wenig, es ist
nicht einmal tröstlich.
Wenn O'Donohue jedoch über die "unerschütterliche Treue"
der Natur und ihr "würdevolles Dasein" philosophiert, erkennen
wir darin schon eher einen originellen Einfall, der einem zum Beispiel beim
Wandern vielleicht auch schon einmal gekommen ist.
Insgesamt jedoch ist der Ton der meisten Texte zu sakral, Banales wird philosophisch
überhöht. Doch vielleicht können ja theologisch versiertere Zeitgenossen
mehr mit solchen Texten anfangen.
John O'Donohue: Landschaft der Seele. Fotografien von Fergus Bourke. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2000, DM 25,